052.1 Lektion 1
Zertifikat: |
Open Source Essentials |
---|---|
Version: |
1.0 |
Thema: |
052 Lizenzen für Open Source Software |
Lernziel: |
052.1 Konzepte von Lizenzen für Open Source Software |
Lektion: |
1 von 1 |
Einführung
Jeder Softwareentwickler weiß es zu schätzen, wenn ein Problem bereits effizient gelöst wurde. Ist die Lösung online verfügbar, ist der verständliche Reflex, sie auszuprobieren: den vorhandenen Quellcode in die eigene Codebasis kopieren oder verlinken, ihn testen und ihn dort belassen, wenn er funktioniert — und ihn dann vergessen.
In den meisten Fällen ist der im Internet verfügbare Quellcode durch eine Lizenz für freie und Open Source Software (FOSS) abgedeckt. Diese Lektion behandelt einige grundlegende Konzepte von FOSS aus rechtlicher Sicht und erläutert, warum es ratsam ist, FOSS-Quellcode nicht als selbstverständlich anzusehen, sondern die Lizenzbedingungen genau zu beachten.
Um die rechtlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit Software zu verstehen, sollten Sie wissen, dass fast jede Software einer Lizenz unterliegt. Eine Lizenz ist eine Art Vertrag. Jede Software, einschließlich Websites, sollte mit einer schriftlichen Version ihrer Lizenz (oft als “Geschäftsbedingungen” bezeichnet) ausgeliefert werden. Bei einigen Programmen und Websites müssen Sie ein Kästchen ankreuzen, das besagt, dass Sie die Geschäftsbedingungen gelesen haben (und das sollten Sie auch, obwohl die meisten Leute das nie tun). In jedem Fall akzeptieren Sie die Lizenz implizit, indem Sie die Software verwenden.
Definitionen von Open Source Software und freier Software
Freie und Open Source Software gibt es schon seit geraumer Zeit, und die Begriffe werden oft zusammen verwendet. Allerdings gibt es gewisse Unterschiede zwischen dem, was manche als “freie Software” bezeichnen, und den Fachbegriffen freie Software und Open Source Software. Spoiler: Open Source bedeutet nicht nur, dass jeder den Quellcode einsehen kann — das wäre eher “quelloffene” Software oder Software, deren Quellcode verfügbar ist. Freie und Open Source Software ist viel mehr als das.
Freie und Open Source Software steht im Gegensatz zu anderen Arten, die als proprietär oder closed source gelten, weil sie nicht alle in dieser Lektion besprochenen Freiheiten bieten.
Die vielleicht am häufigsten zitierte Definition von freier Software lautet:
Man denke an “Redefreiheit”, nicht an “Freibier”.
Selling Free Software
Wir werden diesen anschaulichen Vergleich in den folgenden Abschnitten weiter ausführen.
Frei wie in Redefreiheit: Wahre Freiheit für Nutzer
Entwickler können sich dafür entscheiden, einfach auf die Einnahmen und Schwierigkeiten des Verkaufs ihrer Software zu verzichten, und sie ohne Entschädigung herausgeben. Im Englischen ist diese Software “free” in dem Sinne, dass niemand dafür bezahlen muss, so wie Freibier, das verschenkt wird. Diese kostenlose Verteilung sagt nichts über weitere Lizenzbedingungen aus und lässt Benutzer mit der Verpflichtung zurück, immer wieder genau hinzuschauen: Es könnte zum Beispiel sein, dass nicht die notwendigen Rechte eingeräumt wurden, um die Software zu verändern oder weiterzugeben.
Entwickler können sich jedoch auch dafür entscheiden, ihre Software zu “freier Software” im Sinne Stallmans zu machen. Dieser Begriff (den er in den 1980er Jahren geprägt hat) bezieht sich auf die wesentlichen Freiheiten des Benutzers, die wie folgt zusammengefasst werden können:
-
die Software ausführen
-
sie studieren
-
sie an andere weitergeben (redistribute)
-
Kopien der geänderten Versionen weitergeben
“Freie Software” nach dieser Definition wird von der Free Software Foundation (FSF) unterstützt, die dafür auch den Begriff Copyleft eingeführt hat (der keine juristische Bedeutung hat, sondern eine philosophische Überlegung darstellt), um eine freie Softwarelizenz zu charakterisieren.
Open Source Software
Aus der Bewegung für freie Software kamen in den späten 1990er Jahren Befürworter von Open Source, um freie Software verständlicher und bei Menschen außerhalb der Bewegung populärer zu machen. 1998 wurde eine gemeinnützige Stiftung, die Open Source Initiative (OSI), gegründet, und Linus Torvalds, der ursprüngliche Autor des Linux-Kernels, unterstützte das Konzept. Die Open Source Initiative formalisierte die Open Source Definition, die die folgenden Kriterien umfasst:
-
Freie Weitergabe: Man kann frei entscheiden, wie man das Programm weitergibt, ob kostenlos oder zum Verkauf, solange keine Lizenzgebühr verlangt wird. Diese Freiheit schließt die Einbindung des Programms in ein anderes Programm ein.
-
Verfügbarkeit des Quellcodes, entweder online oder zusammen mit der Software.
-
Erlaubnis zur Erstellung und Verbreitung von abgeleiteten Werken und Änderungen.
-
Integrität des Quellcodes des Autors: Modifikationen können eingeschränkt werden, wenn es den Empfängern erlaubt ist, das Programm durch Patches zum Zeitpunkt der Erstellung zu modifizieren und diese Patches zusammen mit dem Quellcode zu verteilen. Die Weitergabe von Software, die aus modifiziertem Quellcode gebaut wurde, darf nicht eingeschränkt werden.
-
Keine Diskriminierung von Personen oder Gruppen: Eine Lizenz, die die Nutzung der Software “nur für Lehrer” erlaubt, würde beispielsweise nicht der Open-Source-Definition entsprechen.
-
Keine Diskriminierung von Arbeitsbereichen: Schränken Sie zum Beispiel die kommerzielle Nutzung nicht ein.
-
Weitergabe der Lizenz: Jeder, der das Programm erhält, erhält auch dieselbe, ursprüngliche Lizenz.
-
Die Lizenz darf sich nicht auf ein bestimmtes Produkt beziehen.
-
Die Lizenz darf andere Software nicht einschränken: Andere Software, die mit dieser Software gebündelt ist, könnte zum Beispiel eine andere Lizenz haben.
-
Die Lizenz muss technologieneutral sein.
Freiheit vs. Open Source
Die Free Software Foundation lehnt den Begriff “Open Source” ab, da er das Hauptziel der Freiheit verschleiert. Obwohl die Befürworter von freier Software und Open Source Software scheinbar dasselbe Konzept verfolgen und dafür eintreten, haben die Bewegungen unterschiedliche Beweggründe. Vereinfacht gesagt, betonen die Befürworter von freier Software die Rechte von Entwicklern und Nutzern, während die Befürworter von Open Source Software den weit verbreiteten Einsatz und Erfolg der Software in den Vordergrund stellen.
So gut wie alle freie Software gilt als Open Source, während es viele Lizenzen gibt, die zwar als Open Source gelten (wie von der OSI genehmigt), aber nach Ansicht der FSF nicht frei sind.
Da die Unterschiede zwischen freiem und offenem Quellcode mehr die Ziele und Motivationen als den Inhalt der Lizenzen betreffen und beide Begriffe häufig verwendet werden, beziehen sich viele Befürworter auf beide Definitionen zusammen, indem sie die Ausdrücke Freie und Open Source Software (FOSS) oder Free/Libre and Open Source Software (FLOSS) verwenden. Der Begriff “libre” verweist in vielen romanischen Sprachen auf die Freiheit.
Andere Arten von monetär freier Software
Neben den beiden Kategorien FOSS und proprietäre Software gibt es noch eine Reihe anderer Vertriebsstrategien, wie z.B. folgende:
- Shareware
-
Der Begriff bezieht sich im Allgemeinen auf proprietäre Software, die zwar zum Verkauf steht, aber mit eingeschränkter Funktionalität kostenlos genutzt werden kann, bis sich der Benutzer zum Kauf der Vollversion entschließt.
- Freeware
-
Der Begriff beschreibt Software, die kostenlos und ohne Nutzungsbeschränkung vertrieben wird, aber nicht unbedingt einer formalen Definition von freier Software entspricht. Freeware ist in vielen Fällen proprietär und der Quellcode wird oft gar nicht veröffentlicht.
- Software mit verfügbarem Quellcode
-
Manchmal stellen die Entwickler proprietärer Software ihren Quellcode zur Verfügung (z.B. zur Erleichterung von Fehlermeldungen), machen aber den Erwerb einer proprietären Lizenz zur Bedingung für die Verwendung des Quellcodes in anderen Projekten. Diese Art der Verfügbarkeit mit strengen Einschränkungen sollte nicht mit echter Open Source Software verwechselt werden.
- Shared Source Software
-
Der Begriff wurde 2001 von Microsoft eingeführt, als das Unternehmen beschloss, einen Teil seines Software-Quellcodes online zu Forschungs- und Testzwecken zur Verfügung zu stellen. Verwechseln Sie diese enge Definition nicht mit Shareware oder quelloffener Software.
- Public Domain (gemeinfreie) Software
-
Dies ist Software, bei der die Autoren auf das Copyright verzichtet haben. Diese Definition gilt nicht in allen Rechtsordnungen (vor allem nicht in denjenigen, in denen dem Autor das droit d’auteur, author’s rights oder Urheberrecht gewährt wird — wie etwa in Frankreich oder Deutschland). Es wurden Lizenzen wie die “Unlicense” eingeführt, die die gleiche Wirkung haben sollen. Außerdem kann Software auch dann gemeinfrei werden, wenn die Dauer des Urheberrechts abgelaufen ist.
Grundsätze des Urheberrechts und die Auswirkungen der Open-Source-Softwarelizenzen
Das Wichtigste zuerst: Wenn für eine bestimmte Quellcodedatei oder ein bestimmtes Projekt keine Lizenzinformationen verfügbar sind, können Sie nicht davon ausgehen, dass die Datei oder das Projekt keinen Urheberrechtsschutz genießt. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, zumindest seit die meisten Nationen weltweit die Berner Übereinkunft von 1887 unterzeichnet haben.
In diesem Vertrag haben sich die Unterzeichnerstaaten darauf geeinigt, dass ein literarisches oder künstlerisches Werk urheberrechtlich geschützt ist, sobald es existiert (oder anders gesagt, sobald es in einem Medium “fixiert” ist). Das bedeutet, dass ein Urheber das Urheberrecht nicht registrieren oder beantragen muss. In einigen Ländern kann er dies dennoch tun, und in einigen Gerichtsbarkeiten, einschließlich der USA, kann eine Registrierung für Klagen wegen Rechtsverletzung erforderlich sein.
Außerdem verpflichten sich die Unterzeichner, die Urheberrechte aller Autoren eines anderen Unterzeichnerlandes zu respektieren, was im November 2022 181 der 195 Länder der Welt betraf.
Allerdings ist nicht alles, was jemals geschaffen wurde, urheberrechtlich geschützt. Um als urheberrechtlich geschütztes Werk zu gelten, muss die Schöpfung einige grundlegende Kriterien erfüllen: Fakten und Ideen können beispielsweise nicht urheberrechtlich geschützt werden, aber ein Text, der eine Idee erläutert, kann geschützt werden, wenn er ein bestimmtes Maß an Originalität erreicht. Viele Gerichtsbarkeiten prüfen derzeit, wie viel künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann, um ein Werk zu schaffen, das Originalität und damit urheberrechtlichen Schutz beanspruchen kann.
Je nach Rechtsprechung sind Computerprogramme wie literarische Werke urheberrechtlich geschützt: Das heißt, das Urheberrecht gilt nicht für die Idee oder den Algorithmus, sondern für deren Umsetzung im Quellcode.
Das Urheberrecht gibt dem Urheber das ausschließliche Recht (u.a.), das Werk zu vervielfältigen, zu verändern, Unterlizenzen zu vergeben, zu verbreiten und zu veröffentlichen. Der Empfang des Werks ist frei, d.h. man braucht keine Lizenz, um ein Buch zu lesen oder ein Lied im Radio zu hören, solange man dafür keine dauerhafte Kopie anfertigen muss.
Da die Rechte des Urhebers ohne Eintragung entstehen, muss jeder, der das Werk eines anderen Urhebers vervielfältigen, verändern, unterlizenzieren, verbreiten oder veröffentlichen will, zunächst die Erlaubnis einholen. Hier kommen Lizenzen ins Spiel, als Verträge zwischen dem Urheber eines Werks und einer Person, die einige der ausschließlichen Rechte des Urhebers ausüben möchte.
FOSS-Lizenzen werden für jedermann kostenlos angeboten. Jeder kann seine eigene Lizenz erstellen und versuchen, sie von der OSI oder der FSF genehmigen zu lassen. Es wird jedoch dringend empfohlen, eine bestehende FOSS-Lizenz zu verwenden, da sie allgemein akzeptiert wird und sachkundige Software-Anwender mit dem Inhalt der Lizenz und ihren Verpflichtungen vertraut sind. Tatsächlich sind nur eine Handvoll der vielen von der FSF oder OSI genehmigten Lizenzen im allgemeinen Gebrauch.
Grundsätze des Patentrechts
Im Gegensatz zum Urheberrecht, das keine Ideen schützt, schützen Patente Erfindungen (Ideen), ohne dass die Idee (bisher) in einer Maschine oder einem Verfahren fixiert sein muss. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Erfinder Patente ausdrücklich anmelden und beim Patentamt des Landes registrieren lassen müssen, in dem der Schutz beantragt wird.
Ohne zu sehr in das Patentrecht und seine Anforderungen einzutauchen, wollen wir nur auf einen ganz zentralen Punkt hinweisen: Der Patentschutz setzt (neben anderen Kriterien) eine Idee mit einem bestimmten technischen Bezug voraus. Historisch gesehen sind die Ideen für ein neues Kochrezept oder ein neues Brettspiel nicht patentfähig, während die Ideen für eine neue Kochmaschine oder eine Spielkonsole patentfähig sein können.
Im Zusammenhang mit der Programmierung von Computern stellt sich die Frage, ob Software patentrechtlich geschützt werden kann. Dies hängt sowohl von der Rechtsprechung als auch von der jeweiligen Anwendung ab: In Deutschland beispielsweise sind Computerprogramme als solche generell vom Patentschutz ausgeschlossen. Wenn jedoch Programme mit einem physischen Gegenstand kombiniert werden — z.B. wenn Software ein automatisches Bremssystem in einem Auto steuert — kann Patentschutz für die Anwendung beantragt werden, die das physische Element der Bremse und nicht die Software als solche umfasst.
In anderen Gerichtsbarkeiten, z.B. in den USA, können Patente für Computerprogramme als solche erteilt werden, je nach Entwicklung der Rechtsprechung.
Das Konzept des Patentschutzes sollte bei der Lizenzierung von FOSS berücksichtigt werden. Einige Lizenzen (wie die GPLv3) erlauben Patente auf FOSS-Software, indem sie die Nutzung der Software explizit erlauben. Einige Lizenzen erwähnen Patente jedoch nicht einmal (wie die BSD-3-Clause-Lizenz), und andere Lizenzen schließen sie explizit aus (wie die Creative-Commons-Lizenzen). Unter bestimmten Umständen können Patente jedoch durch die Lizenz impliziert oder in die Lizenz hineingelesen werden.
Note
|
Die verschiedenen FOSS-Lizenzen werden in den folgenden Lektionen behandelt. |
Vor allem bei eingebetteter Software, wie z.B. Software in Audiogeräten, sollte ein besonderes Augenmerk auf Patente im Zusammenhang mit der Software gelegt werden, z.B. durch die Durchführung von Patentprüfungen bei den Autoren der Software.
Lizenzverträge
Wie bereits erwähnt, sind Lizenzen Verträge zwischen dem Autor eines Werkes und jemandem, der einige der ausschließlichen Rechte des Autors ausüben möchte. Einige der umfangreicheren FOSS-Lizenzen, wie die GNU General Public Licenses Version 2 und Version 3, enthalten Bestimmungen zur Vertragskündigung. FOSS-Lizenzen enthalten immer Rechteeinräumungen bezüglich der zentralen Freiheiten. Üblicherweise werden die folgenden Rechte angegeben oder können in den Lizenztext gelesen werden:
…das Recht, die Software zu verwenden, zu kopieren, zu ändern, zusammenzuführen, zu veröffentlichen, weiterzugeben, Unterlizenzen zu vergeben und/oder zu verkaufen…
License Stewards (Lizenzverwalter) sind Personen oder, in vielen Fällen, Organisationen wie die FSF, die die Versionen der Lizenzen verwalten; so erklärt beispielsweise Abschnitt 9 der GPLv2 die FSF zum License Steward:
Die Free Software Foundation kann von Zeit zu Zeit überarbeitete und/oder neue Versionen der General Public License veröffentlichen. Solche neuen Versionen werden im Geiste der aktuellen Version ähnlich sein, können sich aber im Detail unterscheiden, um neue Probleme oder Anliegen zu adressieren.
Einige License Stewards veröffentlichen auch häufig gestellte Fragen (FAQs), die bei der Beantwortung von Fragen zu den Lizenzen helfen und als Gesprächsgrundlage zwischen Lizenznehmer und Lizenzgeber dienen können.
Verbreitung
Die Verbreitung oder Weitergabe (engl. “distribution”) von Software (insbesondere in Form von Binär- oder Quellcode) ist ein zentraler Aspekt der meisten FOSS-Lizenzen, da die bloße Nutzung von FOSS-Software normalerweise keine Lizenzverpflichtungen auslöst.
Andere Handlungen als Vervielfältigung, Verbreitung und Bearbeitung werden von dieser Lizenz nicht berührt; sie fallen nicht in ihren Anwendungsbereich. Der Vorgang der Ausführung des Programms wird nicht eingeschränkt…
Die meisten Lizenzverpflichtungen entstehen erst mit der Weitergabe, d.h. der Weitergabe einer veränderten oder unveränderten Kopie, sei es auf einem materiellen Medium wie einer CD oder per Download. In einigen Fällen werden die Lizenzbedingungen auch ausgelöst, wenn die Software auf einem Server läuft (d.h. ohne dass der Quellcode jemals weitergegeben wird), während der Benutzer mit der Software interagiert.
Die Weitergabe von ausführbarer Software kann je nach Art der FOSS-Lizenz auch die Übergabe des Quellcodes, des Lizenztextes und der Copyright-Hinweise erfordern. Einige Lizenzen verlangen, dass Änderungshinweise in den Quellcode eingefügt werden, wenn modifizierter Code weitergegeben wird.
Die Verbreitung könnte auch Copyleft-Effekte auslösen, d.h. bei der Verbreitung von GPLv3-lizenzierter Software, die verändert wurde, muss der Quellcode der gesamten veränderten Software möglicherweise unter der GPLv3 freigegeben werden.
FOSS darf zwar verkauft werden, aber in der Regel dürfen keine Lizenzgebühren erhoben werden. Das bedeutet, dass jemand beispielsweise Software unter der GPLv3-Lizenz nur als Binärdatei verkaufen kann, aber da der Quellcode verfügbar ist (oder angeboten werden muss), können Interessierte jederzeit entscheiden, ob sie die Quellen (vielleicht von jemand anderem kostenlos) beziehen und die Software aus den Quellen erstellen.
Abgeleitete Werke
Wenn eine Gruppe von Entwicklern Code aus einem anderen Projekt in ihr eigenes Projekt übernimmt, kann das Ergebnis ein abgeleitetes Werk (engl. “derivative work”) sein. Die Details variieren von einem Projekt zum anderen und von einer Lizenz zur anderen, und da die Details in den technischen Bereich der Softwareentwicklung fallen, sagen wir einfach, dass die Entwickler sicherstellen müssen, dass sie den Code in einer Weise einbauen, die mit der Lizenz konform ist.
Der wichtigste Punkt in Bezug auf abgeleitete Werke ist, dass bei einigen Lizenzen, wie der GPL, ein abgeleitetes Werk unter derselben Lizenz veröffentlicht werden muss. Solche Lizenzen werden reziprok (also “wechselseitig”) genannt.
Die unmittelbare praktische Bedeutung der Forderung nach Wechselseitigkeit besteht darin, dass Sie, wenn Sie GPL-Code in Ihrem eigenen Projekt in einer Weise verwenden, die Ihren Code zu einer Ableitung macht, Ihren Quellcode offenlegen und anderen erlauben müssen, Produkte darauf aufzubauen. Diese Lizenzierungsanforderung ist von Entwicklern explizit erwünscht, die mehr Menschen dazu ermutigen wollen, freie Lizenzen zu verwenden. Allerdings verringert die Lizenz die Attraktivität der GPL für einige Entwickler, die möglicherweise freien Code verwenden könnten.
Viele andere freie und Open-Source-Lizenzen stellen diese Anforderung nicht, sie werden als permissive (also “zulassende”) Lizenzen bezeichnet.
Folgen von Lizenzverstößen
Wenn zum Zeitpunkt der Verbreitung die Lizenzbedingungen nicht erfüllt sind (z.B. wenn GPLv3-lizenzierte Software als Binärdatei verbreitet wird, ohne dass ein Angebot für den Quellcode beiliegt), wird der Lizenzvertrag verletzt. Die Folgen von Lizenzverletzungen hängen von der jeweiligen Lizenz ab. Eine Verletzung der GPLv3-Lizenz kann z.B. zur Beendigung der Lizenz führen. Alle weiteren Handlungen, die die Zustimmung des Autors erfordern, z.B. die Verbreitung der Software, stellen dann Urheberrechtsverletzungen dar.
Wenn ein Unternehmen GPLv3-lizenzierte Software in ein Produkt einbaut und gegen die Lizenz verstößt, kann Klage eingereicht werden, die das Unternehmen zum Rückruf seiner Produkte verpflichtet. Vorsätzliche Urheberrechtsverletzungen können sogar strafrechtlich verfolgt werden.
Einige Lizenzen enthalten spezielle Klauseln, die es dem Lizenznehmer erlauben, den Verstoß innerhalb von 30 Tagen nach der Benachrichtigung zu beheben. Gelingt es der Person, die die Software vertreibt, innerhalb dieser Frist, die Lizenz einzuhalten, ist die Lizenz wiederhergestellt.
Lizenz-Kompatibilität und -Inkompatibilität
Große Softwareprojekte enthalten oft Software unter verschiedenen Lizenzen, wobei jede Lizenz ihre eigenen Anforderungen stellt. Solche Projekte können auf Hindernisse stoßen, wenn sie Software verwenden, deren Lizenz für abgeleitete Werke verwendet werden muss. Dies liegt daran, dass sich die Lizenzbedingungen solcher Copyleft-Lizenzen unterscheiden können, was sie inkompatibel macht. Die Veröffentlichung oder Verbreitung eines Softwareprojekts, das Komponenten unter verschiedenen Copyleft-Lizenzen integriert, ist möglicherweise nicht möglich, ohne eine der Lizenzen zu verletzen.
Einige Copyleft-Lizenzen führen ausdrücklich kompatible Lizenzen auf, so dass es einfacher ist, eine Copyleft-lizenzierte Komponente unter einer anderen Copyleft-Lizenz zu verwenden.
Die meisten permissiven Lizenzen sind mit anderen Lizenzen kompatibel. Zum Beispiel können MIT-lizenzierte Komponenten in einem GPLv3-lizenzierten Projekt verwendet werden, ohne Lizenzverletzungen zu riskieren. Allerdings kann eine GPLv3-lizenzierte Komponente nicht in jedem Fall in einem MIT-lizenzierten Projekt verwendet werden, ohne die Bedingungen der GPLv3 zu verletzen. Kompatibilität funktioniert also nicht immer in beide Richtungen.
Bevor ein Softwareprojekt auf den Markt gebracht wird, sollten Entwickler und ihre Rechtsberater eine gründliche Prüfung der Lizenzkompatibilität durchführen, um Lizenzverstöße zu vermeiden. Open Source Compliance Management sollte in die frühen Phasen eines Softwareentwicklungsprozesses integriert werden, um Verzögerungen bei der Softwareverteilung zu vermeiden, die beispielsweise durch Lizenzinkompatibilität entstehen. Durchsuchen Sie den Quellcode gründlich nach geltenden Lizenzen (z.B. mithilfe von Software-Scan-Tools) und prüfen Sie, ob alle Lizenzbedingungen erfüllt sind.
Doppellizenzierung und Mehrfachlizenzierung
Manche Software kann unter mehreren Lizenzen verfügbar sein. Ein Lizenzgeber kann sich beispielsweise dafür entscheiden, sein Projekt sowohl unter einer Copyleft-Lizenz wie der GPLv3 als auch unter einer proprietären Lizenz zu lizenzieren. Die proprietäre Lizenz kann beispielsweise erforderlich sein, wenn der potenzielle Lizenznehmer den Code in sein eigenes proprietäres Produkt einbaut. Jeder Entwickler entscheidet, ob er sich an die Bedingungen der GPLv3 halten kann oder die proprietäre Lizenz erwerben muss, was höchstwahrscheinlich eine Lizenzgebühr nach sich zieht.
Wie bereits erwähnt, kann manche Software Komponenten enthalten, die unter verschiedenen Lizenzen mit unterschiedlichen Lizenzbedingungen stehen. Obwohl die meisten Lizenzen nicht oft zu Inkompatibilität führen, können verschiedene Lizenzen unterschiedliche Anforderungen für verschiedene Teile der Software mit sich bringen.
Geführte Übungen
-
Wofür steht das Akronym FOSS?
-
Welche der folgenden Punkte gehören explizit zu den wesentlichen Freiheiten von Nutzern freier Software?
Software ausführen
Software studieren
Software kopieren
Software ändern
Software veröffentlichen
Software verbreiten
-
Darf Quellcode, der im Internet ohne Lizenzinformationen gefunden wird, von jedermann verändert und verbreitet werden? Bitte erläutern Sie.
-
Kann Software patentiert werden?
Ja
Nein
Es kommt darauf an
-
Was ist ein License Steward?
Dasselbe wie ein Lizenzgeber
Jemand, der zukünftige Versionen einer Lizenz vorschlagen kann
Jemand, der eine Lizenz beenden kann
Jemand, der Software von Flugzeugen verwaltet
-
Ist die Lizenzkompatibilität immer in beide Richtungen gegeben?
Ja, wenn zwei Lizenzen kompatibel sind, spielt es keine Rolle, ob A in B enthalten ist oder B in A enthalten ist.
Nein, in manchen Fällen kann Lizenz A in ein Projekt unter Lizenz B eingebunden werden, aber B darf nicht unter Lizenz A weitergegeben werden.
Nein, Lizenzkompatibilität ist immer unidirektional.
Offene Übungen
-
Sind die GPLv2 und die LGPLv2.1 kompatibel? Bitte erläutern Sie kurz.
-
Kann Software unter Open-Content-Lizenzen (wie CC-BY) veröffentlicht werden?
Ja, CC-Lizenzen können auf jedes urheberrechtsfähige Werk angewendet werden.
Nein, Software kann nur durch Patente geschützt werden.
Nein, CC-Lizenzen gelten nicht für Software.
-
Warum ist die Verbreitung im Zusammenhang mit der Lizenzierung von FOSS wichtig?
Zusammenfassung
Diese Lektion bietet eine Einführung in die grundlegenden Konzepte von freier und Open Source Software sowie in die zugrundeliegenden Konzepte von Urheberrecht und Patenten. Sie erklärt einige der Grundlagen und die Geschichte von freier Software und Open Source Software und hilft, beide von proprietären Lizenzkonzepten zu unterscheiden. Die Open Source Definition der OSI hilft, Lizenzen als Open-Source-Lizenzen zu kategorisieren.
Obwohl es bereits Dutzende von FOSS-Lizenzen gibt, steht es jedem frei, weitere Lizenzen einzuführen.
Das Konzept der Lizenzierung ist nicht zu unterschätzen: Lizenzen geben die Erlaubnis, mit der Software auf eine Art und Weise umzugehen, die sonst ausschließlich dem Autor vorbehalten ist. Verstöße gegen Lizenzen können zu Rechtsstreitigkeiten führen. Daher sollte man sich rechtlich beraten lassen, bevor man Software weitergibt oder in anderen Projektcode integriert.
Antworten zu den geführten Übungen
-
Wofür steht das Akronym FOSS?
Free and Open Source Software
-
Welche der folgenden Punkte gehören explizit zu den wesentlichen Freiheiten von Nutzern freier Software?
Software ausführen
X
Software studieren
X
Software kopieren
Software ändern
X
Software veröffentlichen
Software verbreiten
X
-
Darf Quellcode, der im Internet ohne Lizenzinformationen gefunden wird, von jedermann verändert und verbreitet werden? Bitte erläutern Sie.
Nein. Quellcode ist, wenn er die Schwelle der Originalität erreicht, unmittelbar als literarisches Werk urheberrechtlich geschützt. Da Änderung und Verbreitung ausschließliche Rechte des Urhebers darstellen, darf niemand außer dem Urheber selbst dies tun oder die Erlaubnis dazu erteilen.
-
Kann Software patentiert werden?
Ja
Nein
Es kommt darauf an
X
-
Was ist ein License Steward?
Dasselbe wie ein Lizenzgeber
Jemand, der zukünftige Versionen einer Lizenz vorschlagen kann
X
Jemand, der eine Lizenz beenden kann
Jemand, der Software von Flugzeugen verwaltet
-
Ist die Lizenzkompatibilität immer in beide Richtungen gegeben?
Ja, wenn zwei Lizenzen kompatibel sind, spielt es keine Rolle, ob A in B enthalten ist oder B in A enthalten ist.
Nein, in manchen Fällen kann Lizenz A in ein Projekt unter Lizenz B eingebunden werden, aber B darf nicht unter Lizenz A weitergegeben werden.
X
Nein, Lizenzkompatibilität ist immer unidirektional.
Antworten zu den offenen Übungen
-
Sind die GPLv2 und die LGPLv2.1 kompatibel? Bitte erläutern Sie kurz.
Wenn Software A unter der GPLv2 und Software B unter der LGPLv2.1 lizenziert ist, ist es möglich, B in A zu verwenden, da die LGPLv2.1 die Verwendung unter den Bedingungen der GPLv2-Lizenz erlaubt. Allerdings kann A nicht in B unter den Bedingungen der LGPLv2.1 verwendet werden. Wenn A in B verwendet wird, muss die gesamte Software unter der GPLv2 lizenziert werden, was möglich ist, da die LGPLv2.1 die Verwendung der Software unter der GPLv2.0 erlaubt.
-
Kann Software unter Open-Content-Lizenzen (wie CC-BY) veröffentlicht werden?
Ja, CC-Lizenzen können auf jedes urheberrechtsfähige Werk angewendet werden.
X
Nein, Software kann nur durch Patente geschützt werden.
Nein, CC-Lizenzen gelten nicht für Software.
-
Warum ist die Verbreitung im Zusammenhang mit der Lizenzierung von FOSS wichtig?
Viele FOSS-Lizenzverpflichtungen werden mit der Verbreitung der Software ausgelöst. Wenn Software nie weitergegeben, sondern nur verändert und in einem geschlossenen System (z.B. in einer Abteilung eines Unternehmens) verwendet wird, kann es möglich sein, die Software zu nutzen, ohne die Lizenzverpflichtungen einzuhalten.